Für dich ist die aktuelle anhaltende Situation bestimmt nicht einfach. Zuhause ist es vermutlich eng, denn auch weiterhin sind wir mehrheitlich zuhause. Als Familie müsst ihr aus diesem Grund noch mehr als sonst aneinander vorbeikommen. Angebote und Hobbies, die normalerweise Abwechslung bieten, sind aktuell vielleicht geschlossen. Wichtig ist, dass du weisst: du bist nicht schuld, wenn es deiner Mutter oder deinem Vater noch häufiger als sonst nicht gut geht. Es ist fast unvermeidlich, dass die andauernde Corona-Situation den Druck auf deine Mutter oder deinen Vater erhöht oder gar in die Überforderung führt. Psychische Krankheitssymptome verstärken sich jetzt möglicherweise stark oder Suchtverhalten, wie Alkohol- oder Medikamentenkonsum, wird intensiver.
Wie gehst du mit dieser Situation um? Was kannst du tun, dass du und deine Eltern trotz allem gut über die Runden kommen?
Tausche dich mit deiner Familie aus
Sprich mit deiner Familie darüber, wie es dir mit der Situation geht. Suche das Gespräch mit deiner Mutter und deinem Vater und tausche dich mit ihnen aus. Dies hilft deiner ganzen Familie, die Situation gemeinsam zu meistern und Missverständnisse zwischen euch zu minimieren. Manche Eltern trauen sich nicht, von sich aus Schwierigkeiten anzusprechen und sind froh, wenn man nach ihrem Befinden fragt.
Doch: manchmal fehlt der Mut, sich als Sohn oder Tochter bei psychisch erkrankten Eltern mit den eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen. Vielleicht ist es dir peinlich oder du denkst, du dürfest deinen Eltern keine zusätzlichen Sorgen bereiten. Oder womöglich bezweifelst du, dass deine Eltern genug belastbar oder aufmerksam sind. Manchmal ist es tatsächlich so, dass eine Mutter oder ein Vater so stark erkrankt ist, dass sie oder er eine Zeit lang nicht aufnahmefähig ist. Aber das ist in der Regel kein Dauerzustand. Darum raten wir dir – wenn du glaubst, dass das mit deinen Eltern möglich ist – das Gespräch mit den Eltern zu suchen.
Solltest du dich nicht trauen, die Eltern auf deine Probleme anzusprechen, beispielsweise, weil du ungeübt bist über deine Nöte zu reden oder Hemmungen empfindest, deine verletzliche Seite offenzulegen, gibt es vielleicht die Möglichkeit, es ihnen in einem Brief oder einer Mail zu schreiben. Denk daran, auch kranken Eltern ist zuzumuten, dass sie sich mit deinen Anliegen und Bedürfnissen auseinandersetzen.
Kontakt mit Freunden
Bleibe mit deinen Freunden in Kontakt. Reden tut gut und du fühlst dich dadurch weniger alleine. Vor allem auch dann, wenn du mit deiner Familie nicht über eure Schwierigkeiten sprechen kannst. Unterhalte dich mit deinen Freunden via Telefon, Chat oder spielt ein Social Game zusammen – oder wie auch immer ihr euch gerne austauscht. Ihr könnt euch natürlich in Gruppen bis 5 Freunden auch draussen im Grünen treffen.
Du kannst auch den Kontakt zu vertrauten Verwandten aufnehmen. Verwandte, die du gut magst und von denen du glaubst, dass sie dir Verständnis entgegenbringen werden. Vielleicht deine Grosseltern? Wenn du dich schon lange nicht mehr bei ihnen gemeldet hast, sind sie vielleicht zuerst etwas erstaunt über deinen Anruf oder deine Mail. Auch du spürst eventuell zuerst eine gewisse Hemmung und Unsicherheit, dich zu erklären. Ihr Erstaunen wird aber der Freude weichen. Deine Kontaktaufnahme ist für sie bestimmt auch ein Vertrauensbeweis, der ihnen guttut.
Mitanpacken – in Massen
Du hast das Bedürfnis, deiner Mutter oder deinem Vater etwas Entlastung zu bieten? Du könntest zum Beispiel ab und zu einkaufen gehen, manchmal das Essen zubereiten oder deinen jüngeren Geschwistern bei deren Hausaufgaben helfen. Wichtig dabei ist, dass du Gefühle und Gedanken nicht wegschiebst, die dir zeigen, dass es dir „stinkt“ oder zu viel wird. Wenn du merkst, dass du sehr müde, niedergeschlagen bist, oder „voll den Anschiss“ hast, solltest du unbedingt einen Gang zurückschalten und dafür sorgen, dass du einen Ausgleich bekommst. Du darfst zu Forderungen deiner Eltern auch „Nein“ sagen, wenn dir alles zu viel wird.
Hilfe von aussen
Im Moment hat der Bundesrat angeordnet, dass wir uns weiterhin nur im kleinen Kreis treffen und soziale Kontakte bei einem Minimum halten. Das kann für deine Familie sehr schwierig sein. Möglicherweise schafft ihr es ja nicht, alle anstehenden Aufgaben alleine zu bewältigen?
Es gibt glücklicherweise auch jetzt Möglichkeiten, sich von Menschen ausserhalb der Familie Entlastung und Unterstützung zu holen. Wir raten dir, eine solche Möglichkeit in der Familie, gegenüber deinen Eltern anzuregen. Es gibt im Moment viele Menschen, auch Organisationen, die anderen ihre Hilfe anbieten. Schaut mal hier als Familie, ob ihr fündig werdet: Hilfe-jetzt
Aktiv bleiben
Bleibe aktiv, probiere aus, wie du dich fit halten und den Kopf auslüften kannst. Kurze Auszeiten an der frischen Luft können dir neue Energie verschaffen. Wichtig ist, wenn du Kollegen triffst, dass du dich an die Beschränkungen des Bundes hältst. Das heisst vor allem: halte weiterhin Abstand zu anderen Personen.
Verstehen, was abgeht
Es ist sicher nicht einfach, deine erkrankte Mutter oder deinen erkrankten Vater zu verstehen. Manche Verhaltensweisen von psychisch erkrankten Menschen sind für andere nur schwer nachvollziehbar. Und im Moment sind die Symptome vielleicht auch noch stärker als sonst. Falls du von deinen Eltern keine Erklärungen dafür bekommst, schaust du dir vielleicht einmal die Kurzfilme auf unserem Youtube-Kanal an. Wir haben sieben Filme gemacht über die häufigsten psychischen Erkrankungen.
Hol dir Hilfe
Vielleicht wird dir ja alles zu viel und du weisst nicht mehr wie weiter. Es gibt viele Stellen, an die du dich wenden kannst. Auch wenn die Beratungsgespräche vor Ort teilweise reduziert worden sind, bieten die meisten Telefon- oder E-Mail-Beratung an.
- Hier findest du vielleicht eine geeignete Beratungsstelle in deiner Region.
- Du kannst dich auch rund um die Uhr an die Hilfe 147 von Pro Juventute wenden.
- Oder du stellst uns deine Fragen.
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