Rollenklärung
Wenn Sie ein Kind betreuen, begleiten oder unterrichten, von dem sie vermuten oder wissen, dass ein Elternteil psychisch belastet ist, werden Sie sich fragen, ob und wie Sie zur Verbesserung der Situation des Kindes beitragen können. Es stellen sich dabei Fragen wie: Welches ist meine spezifische Rolle? Was sind meine Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten? Wo sind meine Grenzen?
Wenn sie Ihre Beobachtungen mit anderen BerufskollegInnen reflektieren und beurteilen möchten oder wenn Sie merken, dass Sie unsicher hinsichtlich Ihrer Aufgaben entlang Ihres Berufsauftrages sind, suchen Sie das Gespräch mit anderen aus Ihrem unmittelbaren Arbeitsfeld. Das können die Schulleitung, eine Gruppenleiterin oder Team- oder IntervisionskollegInnen sein. Empfehlenswert kann auch der Besuch einer Fachstelle sein. Ein externer Fachexperte kann Ihnen helfen, Ihre persönliche Haltung und Ihr weiteres Vorgehen zu klären und Ihnen wichtige Informationen über psychische Erkrankungen vermitteln. Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne!
Nicht ohne die Eltern
Ein ganz wichtiger Grundsatz lautet: Übergehen Sie die Eltern nicht, sondern beziehen Sie sie ein, sobald Ihnen das Verhalten eines Kindes auffällt. Gehen Sie auf die Eltern zu, wenn sie wissen, dass ein Elternteil psychische Probleme hat. Schildern Sie ihnen das Verhalten des Kindes und was sie daran sorgt. Wagen Sie es, die Eltern auf die psychische Erkrankung anzusprechen. Nur so können Sie offen mit ihnen über die Reaktionen des Kindes sprechen. Versuchen Sie mit den Eltern Absprachen zu treffen, wie Sie in ergänzender Zusammenarbeit das Kind unterstützen können.
Manchmal reagieren die Eltern zuerst zurückhaltend oder wehren ab, wenn sie mit den Schwierigkeiten oder Auffälligkeiten ihres Kindes konfrontiert werden. Viele fühlen sich beschämt und haben Angst, sie würden als schlechte Eltern angesehen. Das nährt ihre Zurückhaltung und Abwehr.
Manche sind aber auch erleichtert, wenn die Mauer des Versteckens fällt und sie mit Ihnen als wichtige ausserfamiliäre Bezugsperson des Kindes darüber reden können und ihnen Hilfe angeboten wird.
Auch wenn es zuerst harzig läuft, raten wir Ihnen den Kontakt mit den Eltern nicht abzubrechen, sondern mit entsprechendem Fingerspitzengefühl dranzubleiben. Nur so kann eine schwierige Situation aufgebrochen und ein Veränderungsprozess in Gang gebracht werden. Manchmal brauchen die Eltern zuerst einfach etwas Zeit, bevor sie mit Aussenstehenden ein Gespräch führen.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz lautet: Übernehmen Sie keine Aufgaben, die nicht Ihrer Profession und Ihrem Berufsauftrag entsprechen. In den meisten Regionen und Kantonen gibt es diversifizierte Hilfsangebote für Eltern und Kinder, auf die Sie verweisen können. Je nach Situation und Art des Problems des Kindes oder der Familie sind unterschiedliche Fachstellen oder Fachpersonen aus dem sozialen oder medizinischen Versorgungssystem anzusprechen.
Sie können sich mit Ihren Fragen und Anliegen auch direkt an uns wenden, wir sind Ihnen gerne behilflich bei der Suche und Vermittlung.
Sofort handeln bei Gefährdung
Wenn Sie feststellen oder erahnen, dass sich das Kind oder der Jugendliche in einer alarmierenden Gefährdungssituation befindet, müssen sie unbedingt ein anderes Vorgehen als oben beschrieben wählen. Liegen Gefährdungsgründe oder sogar Indizien vor, müssen Sie unverzüglich Ihre Vorgesetzten darüber informieren und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einbeziehen.
Um eine solche Situation kann es sich handeln, wenn das Kind Signale oder sogar Spuren erheblicher Vernachlässigungen zeigt, es Gewalt ausgesetzt ist oder ein Missbrauch vorliegt.
Achten Sie darauf, dass das Kind eines schwer psychisch erkrankten Elternteils nicht selbst Teil eines elterlichen Wahn- oder anderen Krankheitssystems geworden ist. Liegt eine solche Gefahr vor und steigt die Sorge in Ihnen auf, das Kind könnte psychisch oder an Leib und Leben bedroht sein, müssen Sie ohne Wenn und Aber sofort handeln und die Behörde einschalten.
Für einen funktionierenden Kindesschutz tragen wir alle die Verantwortung.
Die folgenden drei Kurzfilme haben wir speziell für Fachpersonen erstellt. Darin:
- erzählt ein Lehrer von seiner Erfahrung mit einer Schülerin, deren Mutter psychisch erkrankt ist
- eine Schulsozialarbeiterin, was sie für die Arbeit mit belasteten Familien raten kann und
- ein Erwachsenenpsychiater, wie er in solchen Fällen mit Familien arbeitet.