Emotionale Belastung der Kinder
Kinder nehmen Symptome der psychischen Erkrankung bei ihren Eltern meist genau wahr. Sie beziehen das Befinden und Verhalten der Eltern in erster Linie auf sich selbst und fühlen sich mitverantwortlich, wenn die erkrankte Mutter oder der erkrankte Vater sich plötzlich anders verhalten, emotional unzugänglich sind oder Stimmungen und Verhalten sich in schwer vorhersehbarer Weise oder ohne (passenden) äusseren Anlass ändern.
Viele Kinder wissen nicht, dass ihre Eltern unter einer seelischen Krankheit leiden. Dadurch können sie das, was sie erleben, nur schwer einordnen. Sie sind verwirrt und tief verunsichert. Gefühle von Angst, Scham, Ohnmacht oder auch Wut und Einsamkeit belasten sie, vor allem, wenn sie diese niemandem mitteilen können.
Die Entscheidung, einer aussenstehenden Person über schwierige Verhältnisse daheim zu berichten, kann für die Kinder mit grossen Loyalitätskonflikten verbunden sein.
Folgen für die Kinder / Jugendlichen
Bei Säuglingen und Kleinkindern stellt sich – vor allem, wenn die Mutter psychisch erkrankt ist – die Frage, ob ihre Grundbedürfnisse zuverlässig und angemessen erfüllt werden und ob der Aufbau einer sicheren Bindung gelingt. Hier ist besonderes Augenmerk von Fachpersonen gefragt.
Ältere Kinder versuchen sich anzupassen, indem sie besonders brav sind, im Haushalt helfen und die Eltern emotional stützen („Parentifizierung“). Dadurch lernen sie jedoch nur ungenügend eigene Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen und ihre Wünsche zu äussern. Die zeitliche Beanspruchung durch Hausarbeiten und die Tabuisierung der Erkrankung führen dazu, dass sie wenig Freunde haben und diese nicht zu sich nach Hause einladen. Zusammen mit der sozialen Isolation der Familien und allenfalls finanzieller Probleme kann die Teilhabe der Kinder an Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt sein.
Jugendliche befürchten zwar häufig, selbst irgendwann zu erkranken, möchten sich aber gleichzeitig nicht in eine Opferrolle, die sie als stigmatisierend empfinden, begeben. Sie verweigern sich deshalb oft klassischen Hilfsangeboten.